Reflexionen zum Kollaps

Anstatt einer Buchbesprechung

Wer sich, wie ich, politisch irgendwie der ökologischen Linken (oder dem linken Teil der Umweltbewegung) verbunden fühlt und vor der Musk-Übernahme auf Twitter unterwegs war, ist beinahe zwangläufig auf Tadzio Müllers Thesen und Texte gestoßen. Tadzio hat vor ein paar Wochen sein Buch „Zwischen Friedlicher Sabotage und Kollaps. Wie ich lernte sie Zukunft wieder zu lieben“ veröffentlicht, was ich mit einigem Interesse gelesen habe. Durch die Lektüre habe ich mich wieder mit meinem Überlegungen zur Klimakrise auseinandergesetzt, die, obwohl ich lange Tadzios These vom Ende des Klimaschutzes irgendwie abgelehnt habe, erstaunlich kompatibel mit Tadzios Punkten scheinen.

Im weiteren Sinne, bin ich im umweltphysikalischen Bereich tätig. Warum schreibe ich das? Ganz einfach, ich habe einen naturwissenschaftlichen Hochschulabschluss und verbringe seit ein paar Jahren meinen Arbeits- und Büroalltag mit Menschen, die in ihrem Beruf Klimamodelle versuchen zum Laufen zu bringen, versuchen zu verbessern und versuchen ihre Ergebnisse zu interpretieren. Meinem Eindruck nach unterscheidet sich diese Welt von der politik- und sozialwissenschaftlich geprägten Welt der NGOs und Politikberatung. In gewisser Weise sind Überlegungen zum Klimakollaps auf eine abstrakte Art teil meines Alltags. In Kaffee- und Mittagspausen oder beim Bier nach Feierabend unterhalten wir uns über den bevorstehenden Kollaps. Wir reden über Bekannte, die in Erwägung ziehen ein Haus in Meeresnähe zu kaufen und die Rat zum steigenden Meeresspiegel und dem steigenden Sturmflutrisiko suchen. Wir reden über kommende Extremniederschläge und Extremdürren. (Durch Veränderungen der Niederschlagsmuster kann ich einer Region gleichzeitig das Dürre- und Überschwemmungsrisiko steigen. Das ist nur ein scheinbarer Widerspruch.) Relativ viele jüngere Kolleg*innen sind der Ansicht, dass sich private Altersvorsorge ohnehin nicht lohnt, denn wenn wir in den Ruhestand gehen, sind viele staatliche Funktionen, aber auch das Bankensystem und die Börsen wahrscheinlich ohnehin schon zusammengebrochen. Manchmal überlegen wir auch, ob handwerkliche und gärtnerische Fähigkeiten nicht die bessere Altersvorsorge wären. Wir reden über erhöhte Risiken von Pilzinfektionen, Viruspandemien und Ernteausfällen. Trotzdem war Tadzios These vom bevorstehenden Kollaps und vom Ende der bisherigen Klimapolitik eine Provokation, die ich intuitiv abgelehnt habe.

Während der Regierungszeit von George W. Bush veröffentlichte Kim Stanley Robinson seine „Science in the Capital“ Trilogie (2004 – 2007), die 2015 von Naomi Oreskes und Erik M. Conway als eines der wenigen Beispiele für die literarische Auseinandersetzung mit aburptem Klimawandel bezeichnet wurde. Trotz der geschilderten abrupten Veränderungen war die, in der nahen Zukunft spielende, Trilogie hoffnungsvoll. Als ich 2023 die Bücher noch einmal gelesen hatte, hatte sich die Hoffnung eher in Trauer gewandelt. Es war beim Lesen viel zu deutlich, dass die Bücher mittlerweile in einer alternativen Vergangenheit spielen. (Eine ähnliche Veränderung hat Naomi Kleins Buch „Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima“ durchgemacht. 2015 erzählte es hoffnungsvoll von einem schmalen Zeitfenster, 2020 von einer verpassten Gelegenheit.) Auch für mich war 2018 das Jahr, in dem ich emotional verstanden habe, dass der Klimawandel uns in Europa ganz konkret erreicht hat und nicht erst um 2050 eine Rolle spielen wird. (Nebenbei gesagt, denke ich, dass ein weiter Teil von Bündnis 90/Die Grünen dieses Verständnis so nicht hatte, als sie den Lützerath-Kompromiss als wichtigen Zwischenschritt verteidigten. Vor 2018 hätte ich auch noch gedacht, dass es ein wichtiger erster Schritt war, nach 2018 war mir klar, dass es zu wenig war.) Nach 2018 wurde auch wieder besonders deutlich, wie sehr moderne Gesellschaften von einer klimatologischen Nische abhängen. Wenn im Sommer Frankreich Atomkraftwerke wegen der Hitze herunterfahren muss, wird klar, wie viel an einem überraschend schmalen Bereich der globalen Durchschnittstemperatur hängt und was ein weiterer Temperaturanstieg für folgen für unsere (post-)industriellen Gesellschaft haben kann.

Im Grunde teile ich die Einschätzung, dass es mit jedem Tag, jedem Monat, jedem Jahr schwerer wird, ein Umsteuern in der Klimakrise zu erreichen. Ähnlich wie Tadzio sehe ich gerade keine starke Bewegung. Zugegeben sind sowohl „Fridays for Future“ und „Extinction Rebellion“ relativ zügig aufgetreten und haben es geschafft recht viele zu mobilisieren. (Im Fall von Extinction Rebellion beziehe ich mich auf die ersten größeren Blockadeaktionen in London.) Es ist also gut möglich, dass ich völlig falsch liege. Den Schulterschluss von Fridays for Future mit den Gewerkschaften im ÖPNV finde ich extrem wichtig. Gleichzeitig sehe ich aber auch, dass Gewerkschaften im Grunde häufig Abwehrkämpfe führen und es teils auch eine gewisse Spannung zwischen Arbeitsplatzerhalt und sozial-ökologischer Transformation besteht. (Also mal abgesehen, davon, dass sozial-ökologische Transformation eher ein Buzzword ist.) Natürlich gibt es ermutigende Beispiele von Arbeiter*innen, die Betriebsschließungen durch einen Produktionsumstieg als bspw. Solarmodule, Windkraftanlagen etc. verhindern wollen und ihren Kampf auch mit der drängenden Klimakrise motivieren. Leider fürchte ich, dass diese tollen Beispiele auch nicht ausreichen werden.

Während ich mich zwar an Tadzios Begriff des „solidarischen Preppens“ störe, halte ich die Grundidee für total sinnvoll und gut. David Graeber hatte, wie ich mich zu erinnern glaube, in seinem Buch „Direct Action: An Ethnography“ sehr schön das Konzept der „Vorwegnahme“ (prefiguration, meine Übersetzung, ohne die deutschsprachige anarchistische Literatur gut zu kennen) beschrieben. Die konkrete Praxis anarchistischer Gruppen soll die befreite Gesellschaft vorwegnehmen. Im guten, wie im schlechten, hat die Covid-Pandemie wahrscheinlich das Leben im Klimakollaps vorweggenommen. In meiner Nachbarschaft entstand ein loses Netzwerk zur gegenseitigen Hilfe, was im wesentlichen darauf hinauslief Telefonnummern auszutauschen und sich gegenseitig Hilfe, vor allem beim Einkauf von Lebensmitteln, Klopapier und Medikamenten, im Fall einer Infektion anzubieten. Teilweise bestand das lose Netzwerk nicht mal aus Telefonnummern, sondern aus der Info, wo jemand wohnt – „wenn du was brauchst, komm vorbei, wir haben eigentlich immer einen vollen Kühlschrank“. Um auf Tadzios Beispiel Schweden einzugehen, gab es, so weit ich erkennen konnte, zwei größere Akteur*innen, die formalisierte Unterstützungsnetzwerke aufgebaut hatten: die Schwedische Kirche (die ehemalige Staatskirche) und die radikale Linke. Auf die schlechten Beispiel gehe ich nicht ein, ich denke, die sind allen präsent.
Das bringt mich zurück zur „solidarischen Kollapspolitik“ in der Klimakrise. Während der extremen Waldbrände 2022 wurde ich auf die, auf Wald- und Vegetationsbrände spezialisierte, Hilfsorganisation @fire aufmerksam. Ohne den Gedanken weiterzuverfolgen, hatte ich überlegt, dass mit eskalierender Klimakrise und wahrscheinlich immer heftigeren Waldbränden neben handwerklichen und gärtnerischen Fähigkeiten (siehe oben), Grundlagen der Waldbrandbekämpfung wahrscheinlich auch Teil einer guten Zukunftsvorsorge sind und eine dezidiert linke Waldbrandlöschgruppe mich persönlich sehr ansprechen würde. Trotz solcher Gedankenspiele habe ich noch zwei Jahre gebraucht, „solidarische Kollapspolitik“ für mich zu akzeptieren.

Nach der Wiederwahl Trumps konnte man die beinahe typischen linken Reflex auf Herausforderungen beobachten: Aufrufe sich zu organisieren. Natürlich ist es nicht falsch sich zu organisieren, das versuche ich ja auch irgendwie. Und es ist völlig klar, die Gegenseite organisiert sich auch und das auch recht erfolgreich. Der Kampf die weitere Erwärmung zu begrenzen wird wichtig bleiben, insofern hoffe ich auf ein Revival von Fridays for Future. Jedes weitere Zehntelgrad verursacht ein chaotischeres Klimasystem, was in der Folge mehr Leid als Folge haben wird. Sowohl in Analysen der politischen Rechten wie durch Sam Moore und Alex Roberts, die gemeinsam den antifaschistischen Podcast „12 Rules for What“ hosteten, aber in literarischen Texten, wie Margaret Atwoods „Das Jahr der Flut“, Ian Greens „Extrophile“ oder Stephen Markleys „The Deluge“ wird als mögliche Folge der Klimaerwärmung ein autoritärer Polizeistaat skizziert. Frei nach diesem klassischen Cartoon über die Klimakrise („What if it‘s a giant hoax and we create a better world for nothing“), kann vielleicht die Klimakrise noch schnell und entschieden aufgehalten werden und wir haben uns „völlig umsonst“ auf den Klimakollaps vorbereitet und Netzwerke gebildet, die am Ende keine Nischen in einem Polizeistaat aushöhlen mussten, wie sie Atwood und Green in ihren Romanen skizzierten. Um so besser.

Andreas Malm hatte in seinem Buch „The Progress of This Storm“ festgestellt, dass Klimaschutz zwingend antifaschistisch sein muss.

Was ich eigentlich sagen will: Ich kann das Buch von Tadzio empfehlen, auch wenn ich in Details anderer Ansicht bin. Und wer einen linken Waldbrandlöschworkshop organisieren will, sagt Bescheid, ich lerne gerne dazu.

Tannwald, Identitäre und gefakte Grünenplakate

Mit erfundenen und überzogenen Behauptungen über die Grünen hat die “Conservare Communication GmbH” aktuell eine großangelegte (und vermutlich äußerst teure) Plakatkampagne auf den Werbeflächen der Stöer Gruppe lanciert [1].
Über Twitter wurde die Rechercheplattform http://identitaere-in-bochum.net/ darauf hingewiesen, dass der WordPress-Autor, der die Kampagnenseite erstellt hat, den Namen “tannwald_arbeiter” trägt [2]. Aus diesem Namen lässt sich schließen, dass mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Firma “Tannwald Media UG” an der Kampagne beteiligt war. “Tannwald Media” wurde am 16.12.2019 im Handelsregister eingetragen [3]. Alleiniger Gesellschafter der Firma ist Alexander Kleine, der unter seinem Pseudonym “Alex Malenki” zu den bundesweit bekannteren Kadern der Identitären gehörte. Alexander Kleine war an verschiedenen Medienprojekten aus dem Umfeld der Identitären beteiligt. Der Rechercheblog IBster Watch aus dem Raum Halle/Leipzig konnte Alexander Kleine eine Vergangenheit in der subkulturellen Naziszene nachweisen [4]. Mitarbeiter von Kleine ist Christian Müller, der ebenso wie Kleine Kader der Identitären war [4,5]. Gemeinsam produzierten sie bereits Werbevideos für Unternehmen aus dem Umfeld der Identitären, sowie ein Video für die Junge Alternative Rheinland-Pfalz [5,6].

Der Rechercheblog IBster Watch konnte allerdings in Bezug auf Kleine und die Beteiligung seiner Firma an der AfD-nahen Kampagne gegen die Grünen, noch einen weiteren interessanten Punkt beisteuern [4]:

Auffällig ist außerdem, dass Kleine Anfang März 2016 mehrere Fotos postete, die gefälschte Plakate der Grünen zeigen. In der Nacht zum 07.03.2016, kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, wurden von Unbekannten zahlreiche Plakate mit diesen und ähnlichen Motiven in Halle und Magdeburg angebracht.

Konkret postete Kleine die Bilder am 7., 8. und 9. März 2016. (Die Aufnahmen wurden durch IBster Watch gesichert.) Laut einem Bericht der SZ wurden mindestens dreihundert gefälschte Grünenplakate in Magdeburg und Halle (Saale) aufgehängt [7]. Meiner Einschätzung nach lässt sich durch die Bilder nicht direkt nachweisen, ob Kleine 2016 involviert war, auch wenn die Postings in dieser Hinsicht jedoch beachtenswert sind. Nach 2016 gab es noch weitere gefälschte Grünenplakate, die mit den Identitären in Verbindung gebracht werden konnten.

Am 23. September 2017 berichtete die Antinationale Antifagruppe Altona [8] von gefälschten Grünenplakaten, die durch Identitäre in Hamburg an den S-Bahnhöfen Kleinflottbek und Blankenese, sowie in der Blankeneser Bahnhofstraße aufgehängt worden.
Am 10. April 2019 wurden durch die IB Augsburg gefälschten Grünenplakate am Parteibüro der Grünen in Donauwörth angebracht [9,10].

Vor dem aktuellen Bundestagswahlkampf gab es also mindestens drei Fälle in denen Kader der Identitären mit gefälschten Plakaten der Grünen in Verbindung gebracht werden konnten, wenn auch in einem Fall nur durch Indizien. Die aktuelle Kampagne der Conservare Consulting GmbH, an der mit einer hohen Waahrscheinlichkeit die Firma von Alexander Kleine beteiligt war, erscheint dadurch als eine Fortsetzung dieser Entwicklung.

[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/negative-kampagne-gruene-101.html
[2] https://twitter.com/IbDoku/status/1426525829706784776
[3] https://www.northdata.de/?id=5638435484
[4] https://ibster.noblogs.org/mitglieder-der-identitaren-bewegung-leipzig/
[5] https://stoetteritz.noblogs.org/
[6] http://afd-watch-bochum.net/
[7] https://www.sueddeutsche.de/politik/sachsen-anhalt-unbekannte-faelschen-hunderte-gruenen-plakate-in-sachsen-anhalt-1.2896267
[8] https://twitter.com/altona_161/status/911593031190634496
[9] https://twitter.com/i/web/status/1116373829469786112
[10] https://correctiv.org/faktencheck/politik/2019/04/12/bayern-gefaelschte-gruenen-wahlplakate-in-donauwoerth/

Rechte Traktormemes in der Pandemie

Über die Bezüge der antisemitischen und verschwörungsideologischen Demonstrationen, die vorgeben sich gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu richten, auf 1933 (als Bedrohung durch den Staat) und auf 1989 (als Selbstermächtigung gegenüber dem Staat) ist schon viel geschrieben worden. Der größte Teil dieser Texte, stammt ohnehin von Leuten, die deutlich kenntnisreicher und kompetenter sind als ich. Ich möchte, ein paar Bezugspunkte ansprechen, die ich bisher noch nicht so deutlich in der Diskussion wahrgenommen habe. (Ergänzungen, Anmerkungen und Fundamentalkritik sind wie immer gerne gesehen.)

In meiner Wahrnehmung ist in etwa seit Occupy Wallstreet (sicherlich auch deutlich früher, aber persönlich habe ich erst zu diesem Zeitpunkt angefangen immer mal ein Auge auf rechte Mobilisierungen jenseits von NPD und freien Kameradschaften zu werfen), in verschiedenen Teilen der rechten Szene immer wieder der deutliche Versuch zu finden, an bestehende große Mobilisierungen anzudocken oder deren deutsche Ableger zu etablieren. Mal mit mehr mal mit weniger Erfolg wurde der Anschluss an die Proteste gegen ACTA und TTIP oder auch gegen die EZB gesucht. Einen großen Erfolg konnten verschiedene Strömungen der rechten Szene bei den Mahnwachen für den Frieden 2014 erzielen. Zu den Mahnwachen selbst ist schon viel kluges gesagt wurden, ich beschränke mich auf die Wiederholung des Fakts, dass sich dort Teile des späteren Legida-Orga-Teams (z. B. Markus Johnke) oder auch spätere verschwörungsideologische Youtuber (Hagen Grell) stark politisierten.

In Deutschland versuchten Angehörige verschiedener rechter Strömungen die Ableger von Nuit Debout oder von den Gelben Westen zu etablieren. (Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Nuit Debout-Ableger teilweise auch von französischen Erasmus-Studierenden organisiert wurden und sich gegen rechte Einflussnahme zu Wehr setzten.) Auch im Vereinigten Königreich und in Schweden gab es rechte Ableger der Gelben Westen, die sich eindeutig aus dem rechten Spektrum rekrutierten, während das französische Original zu Beginn etwas diffus war, jedoch wurden rechte im Verlauf herausgedrängt.

Bereits im Zuge der deutschen Gelbwesten wurden LKW-Blockaden diskutiert, aber mangels LKW und genereller Unterstützung nicht umgesetzt. Die heutige Diskussion über LKW- und Traktorblockaden bezieht sich nochmals stärker auf die niederländischen Bauernproteste. Die Bauernproteste, die sich dem Namen nach gegen Umweltauflagen richteten, aber stark von rechten Parteien durchzogen waren, setzten Traktorblockaden ein. Die niederländische Regierung setzte das Militär ein, um Straßensperren zu errichten, die nicht mal eben durchbrochen werden können. Bauernproteste in Deutschland nahmen durch Fahnen und sogar durch die Nachbildung des Logos Bezug auf die antisemitische Landvolkbewegung der 1920er Jahre. Am 7. November wurde für Leipzig groß ein Traktorkorso angekündigt (ein Traktor kam). Einerseits hoffen die verschörungsideologischen Seuchenfreund:innen auf tatkräftige Unterstützung mit Fahrzeugen, die sich, wie die Castortransporte im Wendland zeigten, nur schwer durch die Polizei räumen lassen. Andererseits sehe ich den Versuch den eigenen Protest zu legitimieren. Bäuer:innen sollen hier als Symbol für breite Bevölkerungsschichten den Protest maßgeblich unterstützen.
Der Versuch Landwirt:innen für sich zugewinnen, kann außerdem ein Rückgriff auf reaktionären Ideologieversatzstücke, die sich in der Ablehnung der (Groß-)Stadt als liberale/linke Orte zeigen, sein. (Natürlich gilt das nicht notwendigerweise für die Landwirt:innen, sondern für diejenigen, die sich mobilisieren wollen.)
Autoblockaden wurden auch aus dem Umfeld von Kubitscheks IfS propagiert, um die Unterbringung Geflüchteter zu behindern. Prominentes Beispiel für die Umsetzung war Clausnitz.

Es wird also Bilder aus dem EU-Ausland zurückgegriffen, die den Anschein eines Volksaufstandes erwecken sollen. Mit der expliziten Erwähnung der Traktorblockaden in den Niederlanden wird außerdem auf erfolgreiche, teilweise rechte Mobilisierungen zurückgegriffen. Gewissermaßen wird versucht rechte Protestmemes zu nutzen.

Allen Parallelisierungen zu 1933 und 1989 zum Trotz, gibt es, insbesondere mit linken Demonstrationen verglichen, nur geringe staatliche Repression gegen die verschwörungsideologischen Demos, unabhängig von deren Größe. Die geringe Repression erklärt vermutlich, weshalb nicht auf die, technisch ausgefeilten, Protesttaktiken aus Hongkong zurückgegriffen wurde, die in den USA im Zuge der antirassistischen Proteste gegen Polizeigewalt angewendet wurden. Ein weiterer Unterschied ist, dass die deutsche Polizei trotz entsprechender Tendenzen noch nicht so militarisiert ist, wie der US-Sicherheitsapparat. (Wenn in Wurzen Linke demonstrieren steht natürlich das SEK am Bahnhof offen bereit.) Beobachtungen auf den Großdemos zeigen jedoch, dass erheblich mehr Leute, nicht nur Hools, mit Schutzausrüstung auf den Demos auflaufen, was auf eine zunehmende Bereitschaft zur Militanz hindeutet.

Neben dem Versuch ein rechtes 1989-Reenactment zu etablieren greifen die aktuellen verschwörungsideologischen Demonstrationen auf Protestbilder aus dem EU-Ausland zurück, um eine Breite ihres Protests zu suggerieren, die es nicht gibt. Die geringe Repression, die ausgeübt wird, kann sicher auch erklären, warum bestimmte erprobte Taktiken nicht angewandt werde.

In Zeiten einer Pandemie hat eine Linke, die den Begriff der Solidarität ernst nimmt, naturgemäß einen strukturellen Nachteil gegenüber einer rechten, die sich für stark genug hält Infektionen zu überstehen. Solltet ihr euch in der Lage sehen (unter Beachtung verschiedenener Schutzmaßnahmen) Gegenprotesten zu beteiligen, dann tut dies bitte. Es ist aber auch völlig legitim zu Hause zu bleiben, um nicht sich oder andere zu gefährden.

Mao bei der Polizeidirektion Leipzig

01. Februar 2019 Thorsten Schultze wird neuer Leipziger Polizeipräsident.
28. Mai 2019 Nachdem eine Polizeistreife eine Abkürzung über den Campusinnenhof nimmt und dabei eine Person nach Drogen durchsucht, wird die Polizei durch den StuRa kritisiert. Die Diensthundeführerin der Polizei erklärt, dass dem StuRa ordentlich auf die Finger gehauen werden müsse. [1]
09. Juli 2019 Nach dem gescheiterten Versuch eine Abschiebung aus dem Viertel zu verhindern, geht die Polizei mit Gewalt in die Gruppe der Blockierer:innen, um den eingeschlossenen, aber leeren Streifenwagen zu befreien. Auch in den Tagen danach geht die Polizei vergleichsweise hart gegen Proteste im Leipziger Osten vor.
09. Oktober 2019 Eine linke Spontandemo, die den rechten Terroranschlag in Halle aufgreift und sich gegen Antisemitismus richtete, wird von der Polizei aufgelöst und in der Öffentlichkeitsarbeit wird später von Instrumentalisierungen gesprochen. [2]
18. Oktober 2019 Die Polizei übt Druck auf die Operativgruppe des Ordnungsamts aus, bei einer Demo die Parole „All Cops Are Bastards“ explizit zu verbieten. Die Stadtverwaltung Leipzig erklärt das Verbot später für rechtswidrig und erklärt solche Verbote nicht mehr zu erlassen. [2] Schultze kommentiert ACAB-Rufe gegenüber der Presse als „beunruhigend“. Die Demo wurde durch die Polizei aufgelöst. [3]
25. Oktober 2019 Brennende Mülltonnen werden durch die Polizeidirektion Leipzig, die den Feuerwehreinsatz absicherte, zu einem Angriff auf die Feuerwehr umgelogen. [4]
01. Januar 2020 Nachdem ein Polizeibeamter bei einem Versuch ungesichert jemanden in Gewahrsam zu nehmen verletzt wird, greift Polizeipräsident Schultze eine Person, die seine Einsatzführung kritisiert hat, namentlich via Pressemitteilung an und rückt sie in die Nähe des Angriffs auf den Beamten. Gleichzeitig spricht die Polizei von einem massiven Angriff auf sie, der sich nach näherer Betrachtung eher als harte Reaktion auf einen recht weit entfernten brennenden Einkaufwagen entpuppt.

Das ist nur ein kleiner Überblick über kritik- und fragwürdige Polizeieinsätze, nach dem Amtsantritt von Schultze stattfanden. Bestimmte Muster, wie das Erfinden von Angriffen auf Feuerwehr und Retttungsdienst, gab es bereits schon zuvor. Allerdings scheint subjektiv das härtere Vorgehen, welches weniger auf Deeskalation setzt, unter dem neuen Polizeipräsidenten zugenommen zu haben. Gleichzeitig sollte aber auch nicht in Vergessenheit geraten, dass in Leipzig-Schönefeld die Polizei 2014 Feuerlöschchemikalien gegen Linke eingesetzt hat [5].

In seinem Buch „Gegenrevolution“ zeichnet Bernhard E. Harcourt nach, wie Techniken der Aufstandsbekämpfung, die von französischen Militärs entwickelt wurden, über Kampfeinsätze des US-Militärs im Irak und Afghanistan in der Polizeipraxis der USA angekommen sind. Die französischen Militärs bezogen sich stark auf die Schriften von Mao, der eine Fibel für den Aufstand verfasste und antikoloniale Befreiungskämpfe beeinflusste.

Harcourt beschreibt drei Kernpunkte des Paradigmas der Aufstandsbekämpfung: totale Informationskenntnis, Markierung einer aktiven Minderheit, gegen die vorgegangen wird und Ablenkung, die er als Ringen um Herzen und Hirne bezeichnet. Die Ausführungen im Sinne der Bekämpfung des globalen, islamistischen Terrorismus treffen sich in ähnlicher Lage auch auf Europa und Deutschland zu, wie sie Harcourt für die USA beschreibt. An den Ablenkungen ist auch die Kulturindustrie beteiligt. Im Rahmen der Polizeiarbeit wurden wir momentan eine “Aufstandsbekämpfung ohne Aufstand” beobachten können.

Das Agieren der Polizei in Deutschland, ist noch nicht so stark militarisiert, wie in den USA, auch wenn die sächsische Polizei Sondereinsatzkommandos bei Demonstrationen einsetzt und zur Abschreckung gepanzerte Fahrzeuge auffährt, wie am 2. September 2017 in Wurzen. In gewisser Weise folgt auch die Polizeidirektion Leipzig dem Drehbuch der Aufstandsbekämpfung: Linksradikale werden stark unter Druck gesetzt und gleichzeitig baut die Polizei ein Narrativ des Schutzes vor dieser kleinen Gruppen auf, die ja schließlich selbst Feuerwehr und Rettungsdienst angreifen würde und damit Unbeteiligte gefährde. Aber keine Panik, die Polizei ist da und geht entschieden dagegen vor, selbst wenn sie dabei auch mal über die Stränge schlägt. Zusätzlich hat der sächsische Polizeiapparat eine gewisse Neigung zur Sammlung verschiedener Informationen, wie das ehemalige Projekt AK Datenbank anschaulich illustriert hat.

Deutschland und Leipzig im besonderen stehen noch nicht an der Stelle, an der der Polizeiapparat der USA steht, aber die Muster, insbesondere seit dem Torsten Schultze Polizeipräsident geworden ist, sollten uns beunruhigen und uns animieren näher hinzusehen.
Welchen konkreten einsatztaktischen Grund gab es beispielsweise am 09. Juli 2019 den unbesetzten Streifenwagen herauszuprügeln, anstatt einfach abzuwarten, bis die Leute nach Hause gehen? Waren eventuelle schwere Verletzungen als Abschreckungsstrategie für zukünftige Aktionen bzw. Versammlungen das Ziel? Mit Blick auf Harcourts Buch erscheint es möglich, dass die eingangs aufgeführte Übersicht Teil eines verändertem Vorgehens gegen die Leipziger Linke, in ihren verschiedenen Ausprägungen zwischen studentischer Selbstverwaltung, nachbarschaftlicher Solidarität und Silvesterfolklore, ist. Den Rahmen für das Handeln der PD Leipzig setzen auch Bundes- und Landespolitik, dennoch bin ich der Überzeugung, dass die Leitung der PD Leipzig ihre Lektionen von Mao gelernt hat.

[1] https://kreuzer-leipzig.de/2019/06/03/dem-studentenrat-gehoert-ordentlich-auf-die-finger-gehauen/
[2] https://antirepression.noblogs.org/post/2019/12/09/vorladungen-zur-ed-behandlung/
[2] https://twitter.com/4CLXI/status/1200433900599857157
[3] https://www.tag24.de/nachrichten/leipzig-eskalierte-demo-plagwitz-lindenau-demonstranten-kritisieren-polizei-1255777
[4] https://kreuzer-leipzig.de/2019/11/04/das-ist-doch-subjektiv/
[5] https://www.inventati.org/leipzig/?p=1566
(Wenige Wochen zuvor bin ich in Leipzig-Schönefeld nur knapp unprovozierten Schlagstockschlägen entgangen.)

Nachtrag 23.05.2020 17:00: Verweis auf Chemikalieneinsatz unter Polizeipräsident Bernd Merbitz.

Updated Overview Of Generation Identity Leipzig

originally published 14/03/2018 on ibster.noblogs.org

The following update is intended to keep track of the activities of Generation Identity (GI) Leipzig and their milieu. Furthermore, their ties to the far-right is will be covered.
Only individual figures of the rather unimportant Leipzig based group are covered.

Alexander „Malenki“ Kleine

Kleine is still the dominating person within GI Leipzig and their self-appointed leader. Additionally he and Martin Bader (GI Dresden) succeeded Tony Gerber as regional chair persons of GI Saxony during February 2018. Owning to his YouTube channel, „Laut gedacht“ [another YouTube channel hosted by Kleine and Philip Thaler, GI Halle] and his Instagram account he is frequently covered by media outlets and one of the better known German GI members. He was for example speaker during the „Verteidiger Europas“ [Defenders of Europe] conference in Aistersheim (Austria), participated at an attempt to disrupt a presentation at University of Rostock wearing a NVA uniform [Nationale Volksarmee, armed forces of the GDR] and delivered a speech at a failed rally in Berlin in Summer 2017.

Following GI‘s strategy to disguise their own fascist views by hiding or denying the many ties to far-right thugs Kleine prefers not to mention his far-right friends and acquaintances. Various posts on social media show he trains in the gym of the Imperium Fight Team. A mixed martial arts team lead by the nazi-hooligans Benjamin Brinsa, Christopher Henze and Timo Feucht. They committed several assaults and took part in the attack on the neighbourhood of Leipzig-Connewitz on January 11 2016. Kleine referred to the [more than 200] attackers as heroes of Leipzig. Especially Henze who was supported by Kleine during a (lost) fight in Poland shows interest in the messages of GI.

„Malenki“ shows increasingly contacts to violent supporters of Lok Leipzig football club. These contacts appear not to be limited to training.

The gym used by Imperium is located on the site of a former subcamp of a Nazi-era concentration camp situated in Kamenzer Strasse 10/12. In mid-January the police stopped a secret gig by a nazi band. (See reports by local media.) At the address the premises of the motorcycle club „Rowdys Eastside“ are located. One of the MC’s members, Thomas Kuhbach, is currently serving a two year sentence for attacking the Saxonian State Minister of Justice Sebastian Gemkow. He and other members were involved in the attack on the neighbourhood of Connewitz. Several parties of Lok Leipzig supporters take place on the premises of „Rowdys Eastside“. With the help of his beard, body shape and his tattoos it was possible to identify Kleine standing close to the swastika bearing standard of „SS-Heimwehr Danzig“.

These example illustrate that key figures of the GI have close personal ties to violent Nazi thugs and consider them as part of their movement.

Christian „Ostpack“ Müller

 
Christian Mueller
Müller continues to play an important part in producing videos and other social media content. The 19-year-old regularly shoots videos intended for Kleine‘s YouTube channel and creates propaganda material. He offers his services to other GI sections and other far-right groups throughout the country. He appears to be fully integrated into the GI and is a highly regarded camera operator and producer of videos. Since visualising and spreading the fascist views is key to the strategy of GI he enjoys an increasing popularity despite his young age and his tasks being mostly limited to behind-the-scenes tasks.

Julian Michail Wälder

The co-chair of Junge Alternative’s Leipzig chapter and board member of Junge Alternative [youth wing of far-right party AfD] Saxony shows an increasing interest in GI. In July he joined a gathering of about 50 GI members in front the house used by Kontrakultur Halle (GI Halle). Among the participants were Alexander Kleine and the law student and martial artist Brian Engelmann, who too took part in the attack on Connewitz neighbourhood. Wälder himself is a law student enrolled at University of Halle. The same month he attended a talk by Götz Kubitschek in Bad Dürrenberg. Kubitschek was invited by Hans-Thomas Tillschneider (AfD state MP with close ties to GI). Another person present was Felix Koschkar. Koschkar used to be a key figure within GI Leipzig. Now he is treasurer of Junge Alternative Saxony and as vice-treasurer member of Junge Alternative’s national board. Koschkar is further employed by Tillschneider.

Wälder is spokesperson of the Leipzig-based fraternity Alemannia („Leipziger Burschenschaft Alemannia“) and works for the federal MP Siegbert Droese. Drose belongs to the volkisch-nationalist AfD group Flügel. In February 2018 Droese was photographed with a commemorative gesture (raising his right hand to his chest) in front of Hitler’s former headquarter „Wolfsschanze“ in Poland. In Summer 2017 Droese posted the logo of GI Halle (Kontrakultur) on Facebook.

John-Maurice Stiebing


Up until 2014 the 22 year old Stiebing was a member of Northern Saxony chapter of Junge Nationaldemokraten (JN) the youth wing of far-right NPD. [The German Federal Constitutional Court declared NPD unconstitutional. Only the party’s irrelevance prevented a ban.] He still lives in the district/county of Northern Saxony. Before he joined GI during Summer 2017 he was seen participation the far-right Legida rallies in Leipzig. According to himself „my opinion is still part of my personality“.

He participated in a banner drop in Berlin and claims help organising the regular meetings of GI Leipzig. On social media he is linked to members of Imperium Fight Team and to people involved in the attack on Connewitz neighbourhood. Your social media profile picture shows „1488“, „SS“ or the Imperial Eagle carrying a swastika? Stiebing does not care.

Conclusion

Kleine and a few less prominent figures – is a short description of GI Leipzig. Kleine was and still is the key figure and the only person associated with GI Leipzig in public. However Müller plays an important role in the German-speaking countries.

Koschkar’s activities shifted from Leipzig-based far-right groups to involvement in Saxony-Anhalt state politics. He maintains his ties to GI as is illustrated by multiple visits to the GI house in Halle. With Wälder another person acting as link between GI, Junge Alternative and AfD on both local and national level emerged. Ina Alles and Fabian Lux ceased their participation in GI campaigns as they are expecting a child.

Pictures

Alexander Kleine


Kleine (left) on stage of „Verteidiger Europas“ conference in Aistersheim, Austria (March 2018)


Kleine wearing NVA uniform while crashing a presentation at Rostock University (February 2018)


Kleine in Imperium’s Gym


Henze (Imperium Fight Team) advertises book by Sellner


Kleine with Florian Horn and Lukas Barthold. Both participated in the attack on Leipzig-Connewitz neighbourhood on January 11 2016

Kleine in front of SS flag
Alexander Kleine partying in front of SS flag on the premises of „Rowdys Eastside“

Christian Müller


Christian „Ostpack“ Müller designs propaganda material


Christian Müller


From left to right: David Thomas Ratajczak (Lower Saxony), Volker Zierke (Lübeck), Jonas Schick (Bremerhaven), Robert Timm (Cottbu/Berlin) and Christian Müller (inside yellow frame) on their way to Aistersheim


Alexander Kleine and Christian Müller

Julian Michail Wälder


Wälder with Götz Kubitschek


among others Julian Michail Wälder (left, yellow box) and Brian Engelmann in front of Kontrakultur Halle’s (Generation Identity Halle) house, Adam-Kuckhoff-Strasse 16, Halle


Siegbert Droese (AfD Leipzig, federal MP and Wälder‘s employer) posted the Logo of Kontrakultur Halle


Droese commemorating Adolf Hilter in Poland

John-Maurice Stiebing


Stiebing


NS propaganda appears not to be problematic for Stiebing


Stiebing (in yellow box) with Alexander Kleine and an unidentified Person after dropping a GI banner in Berlin on the sixth anniversary of the self-uncovering of the far-right terrorist group „National Socialist Underground“


John-Maurice Stiebing on a NPD rally in December 2013

Übersicht über rechte Vergangenheiten der Identitären

vom 13.10.2018

In einer Vielzahl antifaschistischer Outings wurde festgehalten, dass Kader der Identitären in der Vergangenheit in Strukturen der NPD, der Autonomen Nationalisten, der Freien Kameradschaften oder völkischer Bünde aktiv waren. Die Gruppe Komplott-Kompott sprach in ihrem Outing des NS-Rappers Patrick Uli Bass (alias Komplott) von “eine[r] für einen Identitären prototypische Biografie, welche sich meist durch eine Vergangenheit bei den „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) oder einer Struktur der „Autonomen Nationalisten“ (AN), oft mit anschließender Betätigung in einer Burschenschaft, auszeichnet. ”

Entweder sprechen die Kader der Identitären von “Jugendsünden” oder davon, dass sie sich erst im Zuge der ersten Pegida-Demos politisiert hätten. Die schiere Zahl der Kader mit einschlägiger Vergangenheit, zeigt aber, dass es sich häufig um Personen handelt, die in anderen rechten Organisationen oder in der Familie politisch sozialisiert wurden. Im Harz und in Ostholstein sind ganze zuvor existierende Nazigruppen zu den Identitären übergelaufen.

Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, nicht-berücksichtigte Outings bitte ich mir via Twitter oder in den Kommentaren dieses Blogs zukommen zulassen.

In den meisten Fällen sind die Personen, bei denen eine Burschenschaft genannt ist, noch in dieser aktiv. Ich habe mich trotzdem entschieden die Burschenschaften aufzunehmen, da in den meisten Fällen das Engagement zeitlich vor der Beteiligung bei den Identitären begann.

Baden-Württemberg

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Patrick Uli “Komplott” Bass Heidelberg Neonazistische AG Schwaben, Nazi-Rapper „subverziv“, Burschenschaft Germania Marburg lsa-rechtsaussen.net
Sven Engeser Tübingen Autonome Nationalisten („Infoportal Schwaben“) Tübingen Rechtsaußen

Bayern

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Arndt Novak München Burschenschaft Danubia München, Pegida München, Jugendmut (gemeinsam mit Neonazi Lukas Bals) Wahljahr 2017

Berlin

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle

Brandenburg

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Sinja Golibersuch Cottbus Vater: FAP, NPD Twitter, AIB

Bremen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle

Hamburg

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Friedrich Wilhelm Schmutzler Hamburg Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg (gegründet durch Vater), Mutter: HDJ, Abonnent des NPD-Newsletters Studiert in Rostock EXIF-Recherche
Martin Baron Hamburg Teilnahme an NPD-Veranstaltungen, Besuch min. eines bekannten Neonazis EXIF-Recherche
Arne Mörig Hamburg Vater: Bundesführer BHJ (Bund Heimattreue Jugend), HDJ EXIF-Recherche
Wiebke Mörig Hamburg (siehe Arne Möring) EXIF-Recherche
Hildburg Meyer-Sande Hamburg Teilnahme an zahlreichen HDJ-Lagern, Familie sehr aktiv in HDJ, im Email-Verteiler der JN, Teilnahme am Frebuar-Naziaufmarsch 2010 in Dresden EXIF-Recherche
Sönke Bork Kreis Pinneberg (aktiv in HH) Neonazikameradschaft Jugend für Pinneberg EXIF-Recherche
Simon Bork Kreis Pinneberg (aktiv in HH) Neonazikameradschaft Jugend für Pinneberg EXIF-Recherche
Alexander Jäger Kreis Pinneberg (aktiv in HH) NPD EXIF-Recherche
Hans Boy Dunker Hamburg HBG, Schutzstruktur des völkischen Sturmvogel-Lagers 2016 EXIF-Recherche
Jan-Phillip Tadsen Hamburg Kontakte zur NPD EXIF-Recherche
Thomas “Togger” Gardlo Hamburg ehemaliger Personenschützer von Schill, FAP, Aktionsfront Nationaler Sozialisten, Beteiligung an Wehrsportübungen Kampfsporttrainer der Identitären, Absicherung von IB-Veranstaltungen EXIF-Recherche

Hessen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle

Mecklenburg-Vorpommern

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Daniel Fiß Rostock Nationale Sozialisten Rostock, JN EXIF-Recherche
Hannes Krünägel Rostock MVGIDA (faktisch NPD) EXIF-Recherche
Thore Ragnar Teufel Rostock Burschenschaft Teutonia Kiel, Burschenschaft Redaria-Allemania EXIF-Recherche
Torsten Görke Neonazikameradschaft, JN wohnt auf Hof einer Familie aus Sturmvogel-Umfeld EXIF-Recherche

Niedersachsen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Irmhild Sawallisch Teilnahme Sturmvogel-Lager EXIF-Recherche
Meinhold Sawallisch Kaltenkirchen Teilnahme Sturmvogel-Lager aktiv in Lübeck, Hamburg EXIF-Recherche
Gerlind Drescher Die Heimattreue Jugend (Vorläufer der HDJ), „Deutscher Mädelwanderbund“, Deutsche Gildenschaft EXIF-Recherche

Nordrhein-Westfalen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Kreon Schweickhardt Remscheid ProDeutschland Indymedia

Rheinland-Pfalz

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle

Saarland

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle

Sachsen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Alexander “Malenki” Kleine Leipzig neonazistische Lok Leipzig-Hooligangruppen IBsterWatch
Felix Koschkar Leipzig Burschenschaft Arminia Leipzig, Legida IBsterWatch
Tony Gerber Zwickau Schutzbund Deutschland, NPD, „Nationale Sozialisten Zwickau“, „Freies Netz“, Freundschaftliche und Organisatorische Verbindungen zum NSU-Unterstützer André Emminger täuscht Ausstieg vor Inventati
Martin Bader Dresden Autor für Blaue Narzisse, Einwanderungskritik (Felix Menzel), Burschenschaft Salamandria Dresden Indymedia
Jan Blechschmidt Dresden Teilnahme Februarnaziaufmarsch in Dresden Indymedia
Marco Hebestadt Dresden BüSo Indymedia
Michael Schäfer Dresden siehe Sachsen-Anhalt
Julian Monaco Dresden militante Kameradschaftsszene, JN, Burschenschaft Salamandria Dresden Indymedia

Sachsen-Anhalt

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Armin Dumböck Haale/Saale Familie soll im Umfeld von Freibund, Sturmvogel aktiv sein lsa-rechtsaussen.net
Mario Alexander Müller Halle/Saale Autonome Nationalisten, JN lsa-rechtsaussen.net
Philip Thaler Halle/Saale Freies Netz Süd, Halle-Leobener Burschenschaft Germania lsa-rechtsaussen.net
Martin Bissinger Halle/Saale III. Weg Schwaben genaue Rolle bei Identitären unklar lsa-rechtsaussen.net
Dorian Schubert Halle/Saale Freies Netz Lörrach, JN Lörrach lsa-rechtsaussen.net
Maximilian Stilling Halle/Saale Beteiligung an diversen Naziaufmärschen lsa-rechtsaussen.net
Simon Kaupert Haale/Saale Wügida, JN lsa-rechtsaussen.net
Michael Schäfer Harz JN, Halle-Leobener Burschenschaft Germania,
Wernigeröder Aktionsfront
lebt in Dresden lsa-rechtsaussen.net, Indymedia
Michele Kurth Harz JN HarzInfo
Michael Machner Harz JN Teilnahme an Aufmarsch von Die Rechte HarzInfo
Jenny Schreyer Harz JN HarzInfo
Oliver Stallmann Harz Wernigeröder Aktionsfront, JN HarzInfo
Emanuel Reuter Harz Wernigeröder Aktionsfront HarzInfo
Marc Kluge Harz JN, NPD, Selbstschutz Sachsen-Anhalt (SS-SA) HarzInfo
Patrick Harr Dessau Heimattreue Deutsche Jugend, Freies Netz Dessau Mitarbeiter von André Poggenburg lsa-rechtsaussen.net

Schleswig-Holstein

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Marcel Schark Landkreis Ostholstein Kameradschaftsszene Ostholstein Teilnahme an NPD-Aufmärschen EXIF-Recherche
Fabian Wittig Landkreis Ostholstein NPD seit 2016 nicht mehr öffentlich aktiv EXIF-Recherche
Ray Vogel Landkreis Ostholstein Kameradschaftsszene Ostholstein EXIF-Recherche

Thüringen

Name Ort Vorherige Organisation Sonstiges Quelle
Kevin Schulhauser Ronneburg NPD, Nationales Bildungswerk Ronneburg THrechtsaußen
Daniel Madalscheck Erfurt JN, NPD Indymedia

21.10.2018 Update Patrick Harr (Sachsen-Anhalt)

Warum die AfD wirksame Klimapolitik ablehnt – Erklärungsansätze

vom 16.09.2018

Dieser Text ist keine fachliche Abhandlung, sondern viel mehr eine Art Anregung und/oder Diskussionsbeitrag. Er basiert im Wesentlichen auf einem Twitterthread vom 4. August 2018 und den Anregungen, die ich danach noch bekommen habe. Sollte ich etwas übersehen haben, freue ich mich über hinweise.

Der Sommer 2018 war durch eine langanhaltende Dürreperiode geprägt, zusammen mit einer vergleichsweise kurzen Hitzewelle (Hitze und Dürre können sich gegenseitig verstärken, aber das führt an dieser Stelle deutlich zu weit) wurde medial der Themenkomplex “Klimawandel und Klimapolitik” stärker beachtet, als zuvor. Berechnungen des World Weather Attribution Projects haben ergeben, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Hitzewelle/Dürre durch die globale Erwärmung erhöht wurde. [1]

Vergleicht man das im Frühjahr 2016 beschlossen Grundsatzprogramm der AfD und die Grundsatzprogramme der anderen Bundestagsparteien (CDU, CSU, SPD, FDP, Linke, B90/Grüne), wie beispielsweise auf der Website klimafakten.de, so fällt auf, dass die AfD als einzige Partei Aussagen trifft, die im Wiederspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. [2]

Es gibt mehrere Ansätze, die erklären könnten, warum die AfD als einzige Bundestagspartei wissenschaftliche Erkenntnis hier ablehnt. Ich teile diese Gründe, zugegeben willkürlich, in strukturelle und strategische Gründe ein. Mit strukturellen Gründen, meine ich Gründe, die sich aus den Hauptströmungen innerhalb der AfD ergeben. Nicht erst mit dem Wahlsieg von Trump nutzt die AfD auch Strategien und Taktiken der US-Republikaner, insbesondere der sogenannten Tea Party. Diese Gründe fasse ich unter strategischen Gründen zusammen. Die Abgrenzung ist nicht immer ganz eindeutig und dient viel mehr der besseren Gliederung des Textes.

Strukturelle Gründe

Der Soziologe Andreas Kemper identifiziert drei ideologische Strömungen innerhalb der AfD [3]:

In der AfD gibt es Sollbruchstellen. Ideologisch setzt sich die AfD aus drei Strömungen zusammen, deren Gemeinsamkeit in der Betonung einer vermeintlich natürlichen Ungleichheit gesellschaftlicher Gruppen besteht:

  • neoliberale Strömung: genetisch-vererbliche Ungleichheit zwischen Arm und Reich
  • christlich-fundamentalistische Strömung: gottgegebene Ungleichheit zwischen Hausfrau und Familienernährer
  • national-völkische Strömung: organisch-völkische Ungleichheit zwischen „Bio-Deutschen“ und anderen bzw. zwischen den „Großrassen“

Kemper führt weiter aus, dass die Einteilung noch verhältnismäßig grob ist und gerade beim Verständnis des Wegbrechens des transatlantisch-neoliberalen Lucke-Teils der AfD einer Verfeinerung bedarf. Insbesondere ist seit der Parteigründung der national-völkische Flügel stärker auf dem Vormarsch. Im Rahmen meiner Erklärungsansätze zur Klimapolitik reicht diese Einteilung jedoch aus.

 Die neoliberale Strömung

Betrachtet man wie Naomi Oreskes und Eric M. Conway in ihrem Buch “Merchants of Doubt” [4] die Netzwerke, die in den USA Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des Klimawandels sähen wollen, so ist die Gemeinsamkeit die Ablehung von Regulierung. In großem Detail wird durch die Autor_innen aufgezeigt, dass bestimmte Wirtschaftsbranchen seit einigen Jahrzehnten in den USA ein Netzwerk von Thinktanks aufgebaut haben, deren Ziel es ist behördliche Einschränkungen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit zu verhindern, in dem die dahinter liegende wissenschaftliche Forschung angegriffen und diskreditiert wird. Die verschiedenen Techniken und Strategien dieser Thinktanks wurden erdacht und perfektioniert im Zusammenhang mit Saurem Regen, dem Ozonloch, Passivrauchen und dem Pestizid DDT. Bereits seit den 90er Jahren finden diese Strategien Anwendung im Kampf gegen eine wirksame Klimapolitik. Ich kann es nicht belegen, jedoch erscheint es mir schlüssig, dass die neoliberale Strömung der AfD, der ich Meuthen, Weidel und von Storch zurechne, ein Interesse daran hat staatliche Regulierung, also Eingriffe in ein quasi heiliges Marktgefüge, zu verhindern. Folgt man der Argumentation Noami Kleins in ihrem Buch “Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima” [5], dann gibt es einen fundamentalen Gegensatz zwischen Klimaschutz und Kapitalismus. Laut Klein ist wirksame Klimapolitik, also eine Klimapolitik, die einen Temperaturansteig strikt begrenzt, strikt antikapitalistisch, nur hätten es Klimaschützer_innen im Gegensatz zu den Rechten (hier im Sinne des politischen Systems der USA und Kanadas) nicht erkannt. [6] Laut Klein ist es übrigens kein Zufall, dass der Höhepunkt des Neoliberalismus und das Scheitern einer internationalen Klimapolitik 1988/89 zusammenfallen. [7] Für Marktradikale, die ein kapitalistisches Wirtschaftssystem zwingend erhalten wollen, bleibt demnach nur eine Ablehnung einer wirksamen Klimapolitik.

Die christlich-fundamentalistische Strömung

Zwar ist diese Strömung nach Kempers Einschätzung dabei ihren Einfluss in der AfD zu verlieren, jedoch gibt es auch hier mögliche Erklärungsansätze. Mag eine christliche Rechte, verglichen mit den USA in Deutschland verhältnismäßig klein sein, so sollte nicht vergessen werden, dass sie wächst. [8] Christlich-fundamentalistische Gruppierungen sehen einerseits jegliches menschliches Schaffen als göttlichen Auftrag (siehe Genesis 1,28 “Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!”). Andererseits wäre die Feststellung, dass der Mensch als Spezies gravierend in eine göttliche Schöpfung eingreifen kann und sie dadaurch gefährdet geradezu gotteslästerlich. [9,10] Während Aktivitäten, die direkt zum Klimawandel beitragen, in dem bspw. Treibhausgase ausgestoßen werden, eine göttliche Legitimation haben, ist es Gotteslästerung die Folgen dieser Aktivitäten zu beschreiben. Diese Einstellung erleichtert es Klimapolitik als unnötig zu sehen. Zusätzlich gibt es einen großen Teil christlicher Fundamentalist_innen, die eine Apokalypse herbeisehnen, da danach das Reich Gottes kommt. Klimawandel wird dabei als Teil eines göttlichen Plans gesehen, die Apokalypse und damit das Reich Gottes herbeizuführen. [11] Ein Versuch die globale Erwärmung zu begrenzen, wäre in dieser Weltsicht der Versuch einen göttlichen Plan zu verhindern. Auch für die christlich-fundamentalistische Strömung innerhalb der AfD gibt es Gründe aus ihrer ideologischen Position heraus Klimapolitik abzulehnen.

Die national-völkische Strömung

Ein Argument, dem ich begegnet bin, besagt, dass es nationalistischen Gruppierungen unmöglich ist, mit Problemen, die internationale Koordination erfordern, umzugehen. Deshalb ist es einfacher solche Probleme zu ignorieren oder abzustreiten. Auch wenn dieses Argument geradezu bestechend scheint, kommt es mir ein bisschen zu einfach vor.

Der Blog der Unterzeichner_innen der Erfurter Resolution der AfD, die sich auch als “Der Flügel” bezeichnen, hat Andreas Kemper einen beachtenswerten Beitrag zum Thema “Peak Oil” entdeckt. Zur Ablehnung von klimapolitischen Maßnahmen gehört bei der AfD auch die Ablehnung des Erneubare-Energien-Gesetz. In einer Bundeswehrstudie von 2010 zu Peak Oil und sicherheitspolitischen Folgen wird diskutiert, dass eine sinkende Ölfördermenge und damit verbundene wirtschaftliche Probleme zu Stimmenzuwächsen nationalistischer Parteien führen können. Darüberhinaus sieht die Forschungsgruppe der Bundeswehr die Gefahr einer zunehmenden politischen Instabilität. In einem Aufsatz von Höcke unter dem Pseudonym Landolf Ladig wird politische Instabilität als Möglichkeit einer nationalsozialistischen Revolution gesehen. [12] Nun kann auch davon ausgegangen werden, dass zumindest einem Teil der Getreuen Höckes bewusst ist, dass ein ungebremster Temperaturanstieg ebenfalls zu Krisen führen wird und damit die politische Instabilität zunimmt. Diese Zunahme politischer Instabilität schafft dann mehr Möglichkeiten für rechte Umsturzversuche. Zumindest Teilen der nationalistisch-völkischen Strömung ist eine verschärfte Klimakrise eine gute Möglichkeit zum Umsturz. Hier wird die Ablehnung von wirksamer Klimapolitik eher von langfristigen strategischen Überlegungen getragen, als von ideologischen Überzeugungen.

Strategische Gründe

Mit dem Versuch Klimapolitik als ein linkes Thema zu zeichen, kann sich die AfD mit einer Ablehnung von Klimapolitik auch stärker von der politischen Linken absetzen. Michael Seemann identifizierte anhand der Verbreitung von Falsch- und Propagandameldungen bzw. der Richtigstellung dieser einen rechten “digitalen Stamm” [13]. Gerade für Personen aus dem (digitalen) Umfeld der AfD scheint die Abgrenzung nach links besonders wichtig zu sein. Im Zuge der Abgrenzung bekommt die Erzählung von einer moralisierenden linken Elite eine wichtige Rolle. Eindrückliches Beispiel außerhalb der AfD ist eine BILD-Kolumne des ehemaligen SPD-Politikers Heinz Buschkowsky (übrigens politischer “Ziehvater” der Bundesfamilienministerin Giffey) vom 1. August 2018. Buschkowsky versuchte den Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Treibhausgasemission ins Lächerliche zu ziehen und warf “Ökos” vor zu moralisieren. Gerade in Buschkowskys Text scheint es darum zu gehen, den Leser_innen eine einfache Weltsicht zu bieten, die Einzelne aus der Verantwortung in einer komplexeren Welt entlässt. Doch nicht nur Alt-Bezirksbürgermeister aus der SPD nutzen diese Strategie, auch die AfD. Die AfD zeichnet ein Feindbild von abgehobenen linken Eliten, die durch Verbote den “kleinen Mann” gängeln und massregeln wollen. In diese Strategie fügt sich auch die AfD-Kampagne zur Bekämpfung von Dieselfahrverboten ein. Ebenso wie im Fall der Klimapolitik wird die dahinterliegende wissenschaftliche Forschung angegriffen. Vorbild der AfD ist hier die Tea Party in den USA und die sogenannte Alt Right. Die AfD versucht mit den von Trump gesetzten Themen und den verwendeten Strategien und Taktiken ihre Wahlergebnisse zu verbessern. Indem Klimapolitik zu einem Teil der culture wars, also als Teil der klar definierten Abgrenzungsthemen zwischen US-Rechten und US-Liberalen (wie Abtreibung, Waffenkontrolle, Rechte von nicht-heterosexuellen Menschen, usw. usf.), gemacht wird, wird eine neue Möglichkeit zur Abgrenzung geschaffen. Mit dem Ziel Umweltauflagen zu verhindern und damit die eigenen Geschäftsinteressen zu schützen, wurde die sogenannte Tea Party von den Koch-Brüdern finanziell gefördert. [14] In gewisser Weise ist die Forcierung dieser politischen Spaltung in Sachen Klimapolitik wieder von neoliberaler Ideologie getrieben.

Während für einige AfD-Anhänger_innen gerade die Ablehnung alles irgendwie linken Kernpunkt der Ablehnung von wirksamer Klimapolitik ist, gehe ich davon aus, dass es sich für die AfD, wie auch für die US-Republikaner, eher um ein Mittel zur Stimmengewinnung handelt.

Fazit

Die verschiedenen Strömungen innerhalb der AfD haben verschiedene Gründe eine wirksame Klimapolitik abzulehnen. Die Ablehnung erfolgt entweder aus ideologischen Gründen oder aus strategischen Erwägungen. Im Fall des völkisch-nationalistischen Teils der AfD kann davon ausgegangen werden, dass zumindest einigen Mitgliedern eine politische Destabilisierung durch den Klimawandel ganz recht ist, um einen Umsturz herbeizuführen. Außerdem versucht die AfD die Techniken der US-Rechten in Deutschland umzusetzen. In diesen Muster fallen die AfD-Kampagnen für Dieselfahrzeuge und auch die Äußerungen zum Schutz der Braunkohle. Immerhin lässt sich sagen, dass es momentan unwahrscheinlich ist, dass der Anti-Kohle-Protest für die AfD anschlußfähig ist. 

[1] https://www.worldweatherattribution.org/attribution-of-the-2018-heat-in-northern-europe/

[2] https://www.klimafakten.de/meldung/was-sagt-die-afd-zum-klimawandel-was-sagen-andere-parteien-und-was-ist-der-stand-der

[3] https://andreaskemper.org/2017/11/25/was-tun-gegen-die-afd/

[4] https://www.merchantsofdoubt.org/ (auf Deutsch als “Machiavellis der Wissenschaft” erschienen)

[5] https://www.fischerverlage.de/buch/naomi_klein_die_entscheidung/9783596031351

[6] So spannend die Frage auch sein mag, hier sprengt sie den Rahmen. Mögen das kompetentere Leute als ich diskutieren.

[7] https://theintercept.com/2018/08/03/climate-change-new-york-times-magazine/

[8] https://www.heise.de/tp/features/Streng-glaeubig-und-stramm-rechts-4003112.html?seite=all

[9] https://www.theguardian.com/environment/blog/2009/apr/17/climate-change-religion

[10] https://www.washingtonpost.com/posteverything/wp/2017/06/02/why-dont-christian-conservatives-worry-about-climate-change-god/?noredirect=on&utm_term=.108c201d4791

[11] https://www.vice.com/en_us/article/qv4w8b/christian-fundamentalists-are-fueling-climate-change-denialism

[12] https://andreaskemper.org/2016/03/02/afd-peak-oil-und-voelkisch-nationale-revolution/

[13] http://www.ctrl-verlust.net/digitaler-tribalismus-und-fake-news/

[14] https://www.nytimes.com/2018/07/31/us/politics/trump-koch-brothers.html

Rechte Pflegerevolution – Perspektive zum rechten Frauen- und Bikermarsch

vom 25.07.2018

Am 29.7.2018 möchte in Leipzig ein rechtes “Frauenbündnis” zusammen mit irgendwelchen Bikern demonstrieren. Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” hat für 13:30 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto “Feminismus oder Schlägerei” als Anlaufpunkt angemeldet.
Auf Facebook zeichnet sich ab, dass die Orga zumindest teilweise identisch mit der Orga um die rechte Tarnveranstaltung “Pflegerevolution” im Oktober 2016 war.
Die Initiatorin der rechten Pflegedemo Gitte Kalder kündigte weitere Demos an. Ich verfasste eine kleinen Text zur Einordnung, den ich schnell veröffentlichen könnte, im Fall einer weiteren Demo. Um die Kontinuitäten, rechter Pseudotarnorgas in Leipzig zu illustrieren, veröffentliche ich an dieser Stelle den kleinen Infotext mit Stand vom Oktober 2016, ergänzt um Beobachtungen von Schubél im September 2017.

Pflegerevolution

Am 7. Oktober 2016 fand eine erste Kundgebung der Gruppierung „Pflegerevolution“ statt. Diese Kundgebung widmete sich den schlechten Arbeitsbedingungen in der Pflege.
Bereits im Vorfeld deute sich an, dass es sich bei dieser Gruppierung um eine rechte Tarnorganisation (Tarnung, wie in „Bürgerinitiative Ausländerstopp“) handelt:
Die Seite verzeichnete eine hohe Zahl von Likes von Personen aus dem direkten Umfeld der *GIDA-Bewegung bzw. von Personen, die häufig mit rechten Seiten interagieren.
Die Veranstaltungszusagen/Interessensbekundungen eine Woche vor der Kundgebung waren ebenso eindeutig.
Die Veranstaltung wurde mit als erstes von Madeleine Feige (AfD, „Wellenlängen“-Bewegung), Patrick Filz (Vorstand Legida e.V.) und der „Heidenauer Wellenlänge“ beworben.
Die angebliche Initiatorin Gitte Kalder gab der rassistischen Seite „Frauenpanorama“ ein Interview und entstammt ausweislich ihrer Facebooklikes dem Umfeld von Legida.

Am Tag der Veranstaltung wurden die Bezüge deutlicher: Anwesende Antifaschist_innen schätzten von den 20-30 anwesenden Personen, die Hälfte zur *GIDA-Klientel gehörig ein. Die Auflagen der Kundgebung wurden durch den Legida-Redner und Anführer von GIDA-Regional, Thomas Festerling verlesen. Erste Rednerin war Gitte Kalder, die die Teilnehmenden willkommen hieß und die Situation im Pflegebereich kritisierte. Inhaltlich hätte diese Rede auch auf einer Gewerkschaftskundgebung gehalten werden können. Der nächste Redner versuchte in seiner Rede das im *GIDA-Kontext so beliebte Narrativ des „Wir hier unten, gegen die da oben“ auf das Gesundheitswesen anzuwenden. Die dritte Rednerin war Uta Nürnberger. Nürnberger ist nach eigener Aussage Mitglied der AfD und Mitbegründerin der Patriotischen Plattform Sachsen und tritt als Rednerin bei Versammlungen des neonazistischen Netzwerks „Wir lieben Sachsen/Thügida“ auf. In ihrer Rede versuchte sie Geflüchtete und Geringverdienende gegeneinander auszuspielen.
Während der Reden wurden unter anderem durch OfD-Heidi und eine weitere Frau, die gemeinsam mit OfD-Heidi das Brückenfest 2.0 störte, Flyer verteilt. Das Video von Nürnbergers Rede wurde übrigens unter anderem von „Wir lieben Sachsen/Thügida“ veröffentlicht.

Nachtrag (September 2017):
Der von mir geschätzte Schubél konnte mit der Initiatorin der “Pflegerevolution” auf einer seiner Legidabeobachtungen sprechen, die Aussagen bieten, recht wichtigen Kontext.

Die Menge setzt sich in Bewegung. Ausschwenken. Sammeln. Man will massiv erscheinen, schließlich marschiert hier der Volkswille. Ich unterhalte mich mit einer entfernten Bekannten. Habe sie schon öfter bei LEGIDA gesehen. Sie erzählt mir, dass sie selbst eine Demo plant, gegen den Pflegenotstand. Ihr Traum ist es, zur Hauptverkehrszeit eine Kreuzung in der Innenstadt zu blockieren, damit jeder sieht, dass die Räder tatsächlich still stehen, wenn es starke Arme wollen. Sie habe auch schon einmal eine Veranstaltung gemacht, wenig besucht, aber immerhin. »Und der Thomas hat mir dabei geholfen«, schließt sie ihre Begründung, weshalb sie heute hier ist. Der Thomas ist der LEGIDA-Organisator. Befürchtungen, dass der Ruf LEGIDAs ihr Anliegen womöglich einen Impuls verleiht, den sie nicht haben will, verfangen wenig. »Als ich dass das letzte Mal gemacht hab, waren sogar Leute von der AntiFa hinterher bei mir und haben gesagt, dass das ok war. Und der Thomas, der kennt sich aus. Mit den Ämtern, der Polizei und so weiter. Und der hat mir sogar meine Internetseite gemacht!«. Stolz zeigt sie mir ihre Facebook-Präsenz.

Zu Uta Nürnberger:

Naziconnections der AfD Leipzig: Uta Nürnberger


https://twitter.com/Nein_zur_AFD/status/757235292948598784
https://twitter.com/Christian_Frey/status/784754205210927104

Zu Thomas Festerling:
http://www.lvz.de/Specials/Themenspecials/Legida-und-Proteste/Legida/Ruhige-Lage-Weniger-Polizisten-sichern-Legida-Demo-ab

Rechter Protest in Görlitz


http://www.mz-web.de/dessau-rosslau/widerstand-gegen-gida-demonstration-geplanter-spaziergang-in-dessau-wird-geblockt-22717544
https://www.tag24.de/nachrichten/pegida-legida-und-cegida-in-sachsen-4886

Zu Madeleine Feige:
http://www.sz-online.de/sachsen/bewegung-am-rechten-rand-3484754.html
http://www.lvz.de/Specials/Themenspecials/Legida-und-Proteste/Legida/Erneut-wenig-Teilnehmer-bei-Legida-in-Leipzig-kein-Rundgang

Rechte auf der Leipziger Buchmesse – und nun?

vom 24.03.2018

Weil die Debatte zur Leipziger Buchmesse zumindest im Leipziger Linkstwitter teilweise völlig eskaliert ist, gebe ich auch meinen Senf zum Thema dazu.

Bevor es richtig losgeht ein Disclaimer: Ich war nicht in Leipzig auf der Buchmesse, ich war auf keinem der eventuellen Vorbereitungsplena, ich kenne den Aktionskonsens nicht und ich habe auch keine Ahnung welche Absprachen getroffen wurden. Ich habe allerdings die Texte dazu verfolgt, die teilweise entglittene Twitterdebatte, den Livestream von “Reconquista Germania” und die Selbstdarstellung der Identitären insbesondere auf Instagram.

Auch mit Blick auf die Frankfurter Buchmesse 2017 lassen sich zwei Thesen aufstellen:
i) Wenn Antifaschist_innen bei den quasiöffentlichen Lesungen aus dem Dunstkreis der Neuen Rechten intervenieren und eine Unterbrechung oder gar einen Abbruch der Veranstaltungen erzwingen, dann haben die Rechten gewonnen, denn das (konservative) Feuillton empfindet den vermeintlichen Übertritt der Umgangsformen durch linke als schwerwiegend, als die im manierlichen Ton vorgetragene Hetze eines Götz Kubitschek.
ii) Wenn Antifaschist_innen nicht intervenieren oder nicht deutlich genug intervenieren, dann nehmen sich die Rechten die Räume, die ihnen faktisch überlassen werden (frei nach der taz) und haben damit gewonnen (und sind ein Stück normaler geworden). Im Ansatz konnte das auf der Leipziger Buchmesse 2018 beobachtet werden, wie Rechte offensiv versuchen Angsträume zu errichten.

Egal, was getan wird, die Rechten scheinen gewonnen zu haben.

Persönlich erstaunt mich, wie teilweise die Gewaltanwendung ausgeblendet wird: Auf der Frankfurter Buchmesse wurde der Verleger vom trikont-Verlag am Stand der Jungen Freiheit niedergeschlagen. In Leipzig gab es eine Vielzahl Übergriffe. Am prominentesten dürfte der gewaltsame Rausschmiss von Personen, die bei einer Antaios-Veranstaltung ein Banner entrollen wollten sein. Auch wenn das Entrollen von Bannern den Vorstellungen eines intellektuellen Diskurses im Rahmen einer Buchmesse nicht entsprechen mag, der gewaltsame Rauswurf wird hingenommen.
In geschlossenen Accounts feiern Kader der AfD und ihre Gewaltanwendung bei einer “Verteidigung” des Antaios-Standes. Auf einem Account, der einem bekanntem Identitären aus dem Raum Halle-Leipzig zugeordnet werden kann, wird ein Video gepostet, aus dem hervorgeht, dass eine Frau von den Identitären mehrfach gezielt belästigt wird. Ich gehe davon aus, dass es noch erheblich mehr Übergriffe gab.

Bemerkenswert ist es, dass Götz Kubitschek und Ellen Schenke (alias “Kositza”) eine Eskalation herbeisehnten und wohl auch versuchten zu provozieren. Gerade im Nachgang der Frankfurter Buchmesse 2017 und auch im Nachgang an die öffentlichen Lügen des eher überschätzten Autors Udo Tellkamp hat sich gezeigt, wie sehr es Teilen der Konservativen schwerfällt sich nach rechts abzugrenzen. Diese fehlende Abgrenzung und die damit verbundene Legitimierung von Ideologien der Ungleichwertigkeit als “diskutabel”, zeigen auch, dass eine breite Ächtung von Antaios, Compact, Identitären etc. wie bei der NPD nicht zu erwarten sein wird. Die tatsächlichen Inhalte der Neuen Rechten sind gar nicht so verschieden (und je nach Definitionsgrundlage lässt sich auch die NPD seit ihrer Gründung zumindest als von der Neuen Rechten geprägt beschreiben) von Positionen, die zurecht geächtet werden. An der Glorifizierung der Vordenker des Faschismus, der Putschisten um Franco oder oder kann ich nichts erkennen, was eine intellektuell anregenden Debatte bereichern würde. Viel mehr sollten die Verbrechen des Faschismus Mahnung genug sein. An geplanten Massendeportationen (“Remigration” oder “Remove Kebab”) um nur ein weiteres Beispiel zu nennen, gibt es nichts zu diskutieren. Im Fall der NPD wurden genau diese Ziele durch Steffen Kailitz als “Planung rassistisch motivierter Staatsverbrechen” beschrieben.

Ausgehend von den beiden Thesen und davon, dass die rechte Raumnahme mit Gewalt einhergeht ist klar, dass keine Intervention keine Lösung ist. An sich präsentieren die beiden Thesen einen kaum auflösbaren Widerspruch. In beiden Fällen haben die Rechten irgendwie gewonnen. Letztlich ist die Frage, für wie wichtig bestimmte Resultate gehalten werden. Was ist wichtiger: die breite Unterstützung bis ins bürgerliche Lager oder der Versuch Angsträume zu vermeiden? Die Gewichtung lässt sich sicherlich auch anders vornehmen.

“Eingleisig kommt man oft nicht voran
Deshalb sehen wir zu, dass wir zweigleisig fahrn”

Als Gedankenspiel: Vielleicht sollte die Buchmesse, konkreter die rechten Verlage, doch eher wie rechte Aufmärsche vom Stil “Legida” gesehen werden. Was ich damit sagen will? Der (von mir angenommene) Ansatz auf der Buchmesse 2018 erscheint sinnvoll: Inhaltliche Aktionen, die Kontrapunkte setzen, in relativer Nähe zu den rechten Verlagen. Gleichzeitig muss den Vertreter_innen der Neuen Rechten klargemacht werden, dass ihre Positionen nicht erwünscht sind. Transparente, Zwischenrufe, Sitzblockaden vor den Lesebühnen halte ich für prinzipiell gangbare Aktionsformen. Wie die Leipziger Buchmesse gezeigt hat, reichen Banner bereits aus damit die Maske fällt. (Deshalb an dieser Stelle schon mal ein Danke an alle Aktivist_innen, die in Leipzig ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel gesetzt haben, in dem sie nichts weiter taten als rufen oder Banner zeigen.) Zugegeben, die Maske ist schon oft genug gefallen, eigentlich dürfte es nicht mehr überrraschen, denn die Neue Rechte war nie ein intellektueller Debattierclub und die Gewalttätigkeit der Anhänger_innen ist eigentlich bekannt.
In der Auseinandersetzung müssten auch klar die Ergebnisse (antifaschistischer) Recherche thematisiert werden. Beispielsweise hat ein nicht unerheblicher Teil der Identitären und der AfD-Fraktionsmitarbeiter eine Vergangenheit in der organisierten Naziszene, in Teilen scheint “Vergangenheit” auch nur öffentliche Auftritte zu meinen, abseits der Öffentlichkeit scheint Alexander Kleine auch heute noch vor Hakenkreuzfahnen zu feiern. Mit Rechten reden bringt nur äußerst geringen Erkenntnisgewinn, über Rechte reden, bringt schon mehr. Was habe ich davon, wenn ich mir von Götz Kubitschek auf einem Podium erklären lasse, dass er den Umsturz plant?

Ich danke allen, die auf der Leipziger Buchmesse gegen die rechten Ideolog_innen aufgestanden sind. Denen die dabei Verletzungen davongetragen haben, wünsche ich gute Besserung.
Rassismus, Antisemitismus und weitere Ideologien der Ungleichwertigheit sollten keinen Platz auch der Buchmesse (oder sonst wo haben). An dieser Stelle möchte ich meine persönliche Überzeugung noch mal explizit nennen: Am erfolgversprechendsten erscheint mir die Kombination von inhaltlicher Auseinandersetzung in unmittelbarer Nähe zu den Rechten und die friedliche Intervention.

Weil ich die Debatte zum Umgang mit Rechten auf der Buchmesse recht spannend finde, werde ich versuchen andere Texte zum Thema hier zu verlinken:

Prisma – IL Leipzig
Der Wanderprophet
Antifaschistische Herzigkeit

Notizen zu Zentrum Automobil in Leipzig

vom 21.01.2018

Die Versuche von rechts aktive Gewerkschaftsarbeit zu schwächen bereiten mir persönlich immer mehr Sorgen, deshalb werden ich versuchen hier etwas Aufklärung zu der rechten Pseudogewerkschaft des Geldeintreibeprojekts „EinProzent“ zu betreiben. Der Fokus wird auf Leipzig (und Sachsen) liegen und ich versuche etwas neues: Kleinere Themenblöcke verfassen und nacheinander hier veröffentlichen, sobald ich etwas neues habe.

Zum Einstieg zur Pseudogewerkschaft: hier
Warum ich von einer Scheingewerkschaft spreche: hier

21. Januar 2018: Frank Neufert

Laut einem Artikel des Tagesspiegel vom 16. Januar 2018 wird Frank Neufert zur diesjährigen Betriebsratswahl im Leipziger BMW-Werk antreten. Das schreibt der Tagesspiegel:

Dort will Frank Neufert antreten. Der ist AfD-Lokalpolitiker. Seit kurz nach der Wende arbeitet er bei BMW, in einer Gewerkschaft war er nie. „Es gab Anwerbeversuche von der IG Metall. Aber die waren mir immer zu links. Da kann ich ja gleich in die SPD eintreten“, sagt er am Telefon. AfD-Mitglied ist er seit 2013, er steht dem „Flügel“ um Höcke nahe. Bei den Betriebsratswahlen trete er dennoch nicht als AfD-Mann an, das sei seine politische Meinung vor dem Werkstor. „Ich finde aber viel Unterstützung in der AfD. Das ist gewollt.“

Neufert steht nicht nur dem völkischem „Flügel“ nahe, sondern auch Personen, die mittlerweile der Patriotischen Plattform, in der sich Hans-Thomas Tillschneider und der IB-Kader Felix Koschkar tummeln, als zu „rechts“ gelten. Neufert gehört zum Umfeld des völkischen Leipziger Rechtsanwalts Roland Ulbrich. Teil der Gruppe um Ulbrich ist Uta Nürnberger, eine ehemalige Stadtratskandidatin der AfD Leipzig, deren AfD-Mitgliedschaft mittlerweile recht strittig zu sein scheint. Nürnberger tritt häufig mit der Faschoreisegruppe „Wir lieben Sachsen/Thügida“ um David Köckert und Alexander Kurth auf, die sich mittlerweile „Volksbewegung Thügida“ nennt. Ulbrich und Nürnberger waren auch im Gründungsvorstand der „Freiheitlich-patriotischen Alternative“ eine rechter AfD-Zussammenschluss, der die Zusammenarbeit mit Thügida forcieren wollte und Frauke Petry stürzen wollte. Bilder von Neufert zeigen ihn zusammen mit Roland Ulbrich bei den rechten Störaktionen zum Tag der deutschen Einheit in Dresden und als Träger eines Legidabanners.
Zusätzlich scheint Neufert in Sachsen einer der Vertreter der “Arbeiternehmer in der AfD” (AidA) zu sein.

Es bleibt als festzuhalten, dass einer der Betriebsratskandidaten der „IG Beruf und Familie“, wie sich die rechte Liste im Leipziger BMW-Werk nennt, gut vernetzt im Dunstkreis von AfD und weiteren organisierten Rechten ist.


Frank Neufert zusammen mit Roland Ulbrich bei rechter Störaktion

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Frank Neufert hinter dem Legidabanner, Quelle: Streetphoto


Frank Neufert und Uta Nürnberger im Austausch auf Neufert Facebookseite


Frank Neufert als AidA-Vertreter