Wie „identitär“ gibt sich die Germania Leipzig?

vom 15.12.2016

Darüber, dass die Burschenschaft Germania Leipzig rechtsaußen steht, ist schon geschrieben worden. So gibt es übereinstimmende Berichte über einen Deckenleuchter, in Form des pseudo-germanischen Kunstsymbols der „Schwarzen Sonne“, welches auf die SS zurückgeht, sowie über die Verbindungen zu NPD, Kameradschaftsszene und dem Umfeld der Zeitschrift „Blaue Narzisse“. [1,2,3]
Über mögliche personelle Verbindungen zur Identitären Bewegung, die sich beispielsweise in Halle [4,5], aber auch in Österreich sehr stark aus Burschenschaftlern rekrutiert, kann in diesem Text keine Auskunft gegeben werden. Viel mehr handelt es sich um eine Betrachtung der Facebookseite und der Internetseite der Germania Leipzig. Die Untersuchung wird in fünf Teile gegliedert:

1) Offene Bezugnahmen auf die IB
2) Sprachliche Gemeinsamkeiten
3) Gemeinsame Idole
4) Weitere Parallelen
5) Fazit

In Teilen dient als Vergleichsgrundlage das Buch „Die Identitären – Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa“ von Bruns, Glösel und Strobl in der zweiten Auflage, erschienen im Unrast-Verlag.

1) Offene Bezugnahmen auf die IB
Am 20. Oktober 2015 veröffentlichte die Burschenschaft Germania Leipzig einen Text, der auf den sogenannten Pegidageburtstag am Vortag bezug nahm. Im entsprechenden Text wird Pegida als eine Art vorrevolutionäres Moment gedeutet. Am Ende des Beitrags wird die Internetseite der Kontrakultur Halle verlinkt, sowie zur Illustration des Artikels ein Bild eines Transparents der KK verwendet, welches möglicherweise auf eben jenem „Pegidageburtstag“ entstand.

Die Likes durch die Facebookseite der Germania lassen sich als bewusste Verortung der Verbindung selbst interpretieren. So „gefallen“ der Germania diverse Ableger der IB, darunter auch, der mittlerweile aufgelöste Chemnitzer Ableger und der wirtschaftliche Arm der IBÖ, „Phalanx Europa“.

2) Sprachliche Gemeinsamkeiten

Besonders ins Auge fällt das Engagement der Germania Leipzig gegen einen „Großen Austausch“, ein Narrativ, welches auf ein Werk von Renaud Camus zurückgeht und insbesondere in Kreisen der IB Verbreitung findet. (Allerdings auch darüber hinaus.)

Auch die Ablehnung der Gleichberechtigung nicht-heterosexueller Menschen, verortet die Germania, Leipzig in den rechtsradikalen Dunstkreisen, in denen sich auch die IB tummelt.

3) Gemeinsame Idole

3.1 Theoretiker_innen der „Konservativen Revolution“

Auf ihrer Internetseite bezieht sich die Germania Leipzig auf den Autor der konservativen Revolution Ernst Jünger. Dabei wurde ein Bild von Deutschlandfahnen während der ersten Legida-Demo mit einem Zitat aus Jüngers Werk „Waldgang“ versehen. Nebenbei sei bemerkt, dass die Legidaabspaltung „Offensive für Deutschland“ eben jenes Bild als Facebookprofilbild führt (Stand Dezember 2016).


Die Selbstverortung der Germania mittels Facebooklikes zeigt eine Affinität zu Oswald Spengler, Ernst Jünger, Arthur Moeller van den Bruck oder dem Rechtsterroristen Ernst von Salomon. Die, nach Bruns, Glösel und Strobl, als „prä-identitär“ zu verstehenden Gruppe “Der Funke”, welche übrigens durch die Germania geliket wird, weist ebenfalls eine sehr hohe Affinität zur „konservativen Revolution“ auf, die noch stärker als bei der IB nach außen kommuniziert wird. Insbesondere Spengler gehört zu den Vertretern der Konservativen Revolution, welche von der IB gern auf Testimonials dargestellt werden.


3.2 Dominique Venner

Wie Bruns, Glösel und Strobl schreiben, war Venner einer der Gründer des französischen neurechten Thinktanks GRECE und damit innerhalb der neurechten Szene prägend. 2013 verbrannte sich Venner in der Kirche Notre Dame in Paris als Märtyrer im Kampf gegen die Homosexualität. Sogleich wurde und wird er von den Identitären posthum insbesondere auf Social Media-Plattformen verehrt. Die Germania hat sich mit entsprechenden Sharepics ebenfalls sehr positiv auf Venner bezogen.

4) Weitere Parallelen

Ebenso wie andere Burschenschaften und neurechten Gruppen, sucht die Germania die Nähe zum Netzwerk von Götz Kubitschek.

Ebenso wie andere pflegt die Germania Leipzig zwei wichtige neurechte Narrative: Den drohenden Bürgerkrieg, auf den man sich vorzubereiten habe und das Widerstandsrecht, welches aus dem Grundgesetz hergeleitet wird.

Die Germania bewirbt Bücher des Arktos-Verlages, der als neurechts eingeschätzt werden kann, ein Lambda als Logo hat und laut Bruns, Glösel und Strobl die dünne programmatische Schrift über die IB von Markus Willinger verlegt.

5) Fazit

Die Burschenschaft Germania Leipzig zeigt mit ihren Auftritten auf Facebook und ihrer Website, dass sie fest im rechten Spektrum verankert ist. Keinen Eingang in die Betrachtung haben Bezugnahmen auf revisionistisches Gedankengut, wie Deutschland in den Grenzen von 1937, die Feier der Reichsgründung 1871 oder die Glorifizierung der Rechtsterroristen, die Rathenau erschossen. In meinen Augen verzichte die IB auf allzu offene Bezugnahmen auf die Zeit des NS und die Rechtsterroristen der Weimarer Republik. Verglichen mit den älteren Berichten über NS-Symbolik [1,2,3], scheint die Germania sich in den letzten Jahren stärker an der IB zu orientieren. Ob sich die IB Leipzig tatsächlich aus Mitgliedern der Germania Leipzig rekrutiert kann nicht abschließend bestätigt werden. Jedoch fordert in meinen Augen eine politische Auseinandersetzung mit der IB auch eine Auseinandersetzung mit burschenschaftlichen Strukturen.

[1] https://ghgle.wordpress.com/2012/06/28/inside-germania-leipzig/
[2] http://publikative.org/2010/07/10/leipziger-burschenschafter/
[3] http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-schwarze-sonne-faelschlicherweise-germanische-herkunft-zugesagt
[4] https://hosenrunter.noblogs.org/?page_id=55#Kontrakultur
[5] https://nohalgida.wordpress.com/2016/10/11/kontrakultur-halle-und-die-immatrikulationsfeier-der-uni-halle/